Ausgangslage
Am 1. Januar 2004 trat das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsge-setz; BehiG) in Kraft. Das Gesetz muss bis spätestens 31.12.2023 umgesetzt sein und gilt für öffentlich zugängliche Bauten und Anlagen, für öffentliche zugängliche Einrichtungen des öffentlichen Verkehrs (Bauten, Anlagen, Kommunikationssysteme, Billettbezug) und für Fahrzeuge, die einem der folgenden Gesetze unterstehen: dem Eisenbahngesetz, dem Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen, dem Personenbeförderungsgesetz, etc.
Umsetzungsstand
Die Matterhorn Gotthard Infrastruktur (MGI)hat sich in den letzten Jahren intensiv mit den Bahnhofsumbauten auseinandergesetzt. Bis heute sind auf dem MGBahn-Netz 25 Stationen behindertengerecht in Betrieb. Zuletzt wurden im vergangenen Jahr die Stationen Grengiols, Lax, Rueras und Acla da Fontauna umgebaut.
Bereits vor dem BuLa(Bundeslager der Pfadfinder im Sommer 2022 im Goms) konnten bei den drei Stationen Betten, Blitzingen und Geschinen die Baustelleninstallationen vorgenommen werden. Aktuell sind die Umbauarbeiten im Gange. Per Ende 2022 werden drei weitere Stationen BehiG-konform umgebaut sein.
Im Jahr 2023 folgen die Umbauten der beiden Stationen Reckingen und Oberwald. Die übrigen 13 von 43 Stationen befinden sich alle in der Phase Vorbereitung oder Planung. Ab dem 1.1.2024 muss jede Bahn an den noch nicht umgebauten Bahnhöfen Hilfeleistungen anbieten, bis diese mit Hochperrons für einen barrierefreien Zugang ausgestattet ist.
Angestossen durch die eidgenössische Volksinitiative «Gleiche Rechte für Behinderte», die im Juni 1999 eingereicht wurde, trat am 1. Januar 2004 das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz; BehiG) in Kraft.
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat zusammen mit den Bahnen und dem Behinderten-Dachverband das weitere Vorgehen zur Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) an den Bahnhöfen und Eisenbahnhaltestellen festgelegt und konkretisiert: Bis Ende 2023 werden in der gesamten Schweiz rund 580 Bahnhöfe modernisiert und mit niveaugleichem Einstieg besser zugänglich gemacht. Weitere rund 100 Bahnhöfe werden nach 2023 angepasst. Für die Matterhorn Gotthard Bahn und die Gornergrat Bahn bedeutet dies, dass bis Ende Jahr 2023 48 Bahnhöfe angepasst werden müssen.
Synergieeffekte dank der Kombination mit Instandsetzungs- und Ausbauarbeiten
Jede Bahnstation der MGBahn muss auf die Erfüllung des BehiG überprüft werden. Bei der Planung und Umsetzung gilt es zu prüfen, inwiefern sich erforderliche Substanzerhalts- oder Ausbauarbeiten mit den notwendigen Massnahmen im Zuge des BehiG im Sinne eines effizientes Ressourceneinsatzes und der Nutzung von Synergien kombinieren lassen. Die jeweiligen Bahnhofsumbauten erfolgen in Absprache mit dem BAV, das zugleich Aufsichts- und Bewilligungsbehörde sowie Finanzierungsgeber ist. Massgebliches Kriterium ist dabei die Verhältnismässigkeit. Bei höher frequentierten Bahnhöfen sind andere Baumassnahmen angebracht als bei Stationen mit wenigen Ein- und Aussteigern pro Tag. Dennoch müssen bei allen Stationen die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
Vorgaben für den behindertengerechten Ausbau
Wichtigster Aspekt bei der behindertengerechten Gestaltung der Bahnhöfe ist die niveaugleiche Einstiegsmöglichkeit in die Fahrzeuge. Hierzu müssen die Perronkanten auf dieselbe Höhe wie die Eingangstüre der Fahrzeuge angehoben werden. Zudem sind die Zugänge zu den Perrons rollstuhlgängig zu erstellen. Dies bedingt zum Teil den Bau von Unter- oder Überführungen mit Rampen, die eine maximale Steigung von zwölf Prozent mit einer Überdachung, respektive 10 Prozent ohne Überdachung nicht überschreiten dürfen. Sind Rampen aus Platzgründen nicht möglich, können die Perrons auch mit einem Lift erschlossen werden. Ferner gilt für Personen mit Einschränkungen den Bezug eines Billetts am Automaten sicherzustellen und die Kommunikation für alle zu gewährleisten. Darüber hinaus müssen Sehbehinderte vom Bahnhofseingang bis zu den Fahrzeugen durchgehend mittels tastbarer Bodenleitsysteme mit Bodenindikatoren wie beispielsweise Rillen- und Noppenplatten geleitet werden.
Herausforderungen – langfristige Planung und Umsetzung bei laufendem Betrieb
Wie alle Infrastrukturprojekte benötigen die Bahnhofsumbauten eine intensive Planung bevor mit der Ausführung begonnen werden kann. Dabei dauert die Planungsphase üblicherweise länger als die Ausführungsphase. Sie setzt sich aus den Phasen Vorstudie, Vorprojekt, Auflageprojekt, Ausschreibung und Ausführungsprojekt zusammen. Erst nachdem die Ausführungsdokumente erstellt sind, können die Baumaschinen auffahren und mit der Realisierung begonnen werden. Bei einem Umbauprojekt ist üblicherweise mit rund drei Jahren Planung und ein bis zwei Jahren Ausführung zu rechnen.
Veränderungen an bestehenden Bahnanlagen benötigen grundsätzlich eine sogenannte Plangenehmigungsverfügung (PGVf) seitens des BAV als Bewilligungsbehörde. Aktuell stellt allein die Anzahl von Plangenehmigungsverfahren für die Umsetzung des BehiG die Beteiligten vor enorme Herausforderungen. Auch wenn sowohl die Transportunternehmen als Bauherren als auch das BAV bestrebt sind, die Bahnhofumbauten bis Ende 2023 termingerecht fertigzustellen, können Verzögerungen aufgrund der Vielzahl an Anträgen und erforderlichen Bewilligungen nicht ausgeschlossen werden, wodurch die Planungssicherheit nicht immer gegeben ist.
Eine weitere große Herausforderung ist der Umbau bei laufendem Bahnbetrieb. Ziel ist es, den Fahrplan möglichst wie veröffentlicht abzubilden. Da die Bauarbeiten oftmals im unmittelbaren Gleisumfeld oder auf und an den Gleisen selbst stattfinden, kann das nicht immer gewährleistet werden. Obwohl die Arbeiten zum grossen Teil in die Nacht verlegt werden, sind für einzelne Massnahmen Totalsperren der Strecke unabdingbar. Dies zum Beispiel beim Erstellen einer neuen Unterführung oder dem Ersatz des Gleisunter- und Oberbaus. Die Sperrungen werden bewusst im verkehrsärmeren Zeitraum von Mitte Oktober bis Anfang Dezember terminiert, in der unter anderem der Glacier Express pausiert.