Ausgangslage
Am 1. Januar 2004 trat das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz; BehiG) in Kraft. Das Gesetz muss bis spätestens 31.12.2023 umgesetzt sein und gilt für öffentlich zugängliche Bauten und Anlagen, für öffentliche zugängliche Einrichtungen des öffentlichen Verkehrs (Bauten, Anlagen, Kommunikationssysteme, Billettbezug) und für Fahrzeuge, die einem der folgenden Gesetze unterstehen: dem Eisenbahngesetz, dem Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen, dem Personenbeförderungsgesetz, etc.
Umsetzungsstand
Die Matterhorn Gotthard Infrastruktur AG (MGI) hat sich in den letzten Jahren intensiv mit den Bahnhofsumbauten auseinandergesetzt. Bis heute sind auf dem MGI-Netz 29 Stationen behindertengerecht in Betrieb. Während einer Totalsperre im Herbst 2023 wurde die Station Reckingen umgebaut. Die Umbauarbeiten bei der Station Oberwald haben ebenfalls begonnen und werden bis Herbst 2024 behindertengerecht fertiggestellt.
Die restlichen 14 der insgesamt 43 Stationen befinden sich alle in der Phase Vorbereitung oder Planung:
Bis Ende 2028 11 Stationen (Randa, Herbriggen, St.Niklaus, Brig, Fürgangen, Niederwald, Gluringen, Münster, Oberwald, Realp, Sedrun).
Bis ca. 2030 folgen noch 3 Stationen (Hospental, Andermatt, Oberalppass).
Ab dem 1.1.2024 muss jede Bahn an den noch nicht umgebauten Bahnhöfen Hilfeleistungen anbieten, bis auch diese mit Hochperrons für einen barrierefreien Zugang ausgestattet sind:
Im Mattertal werden die Kunden von St. Niklaus, Herbriggen und Randa jeweils bis Visp oder Täsch transportiert und können dort barrierefrei umsteigen.
Im Goms werden die Kunden von Oberwald nach Obergesteln, von Münster nach Reckingen oder Ulrichen und von Gluringen, Niederwald und Fürgangen nach Fiesch bzw. nach Reckingen transportiert wo diese barrierefrei in die Züge einsteigen können.
Im Urserental und der Surselva werden die Kunden von Realp und Hospental nach Andermatt transportiert. Von Sedrun bringen wir die Gäste nach Disentis und vom Oberalppass je nach Ziel nach Andermatt oder Tschamutt. Die Station Oberalppass kann nur im Sommer bedient werden, da im Winter die Passstrasse gesperrt ist.
Reisende mit Handicap melden sich vor der Reise (mindestens 2 Stunden im Voraus) beim SBB Contact Center Handicap unter 0800 007 102 (täglich von 5 bis 24.00 Uhr erreichbar).
Angestossen durch die eidgenössische Volksinitiative «Gleiche Rechte für Behinderte», die im Juni 1999 eingereicht wurde, trat am 1. Januar 2004 das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz; BehiG) in Kraft.
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat zusammen mit den Bahnen und dem Behinderten-Dachverband das weitere Vorgehen zur Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) an den Bahnhöfen und Eisenbahnhaltestellen festgelegt und konkretisiert: Bis Ende 2023 werden in der gesamten Schweiz rund 580 Bahnhöfe modernisiert und mit niveaugleichem Einstieg besser zugänglich gemacht. Weitere rund 100 Bahnhöfe werden nach 2023 angepasst. Für die Matterhorn Gotthard Bahn bedeutet dies, dass bis Ende Jahr 2023 43 Bahnhöfe angepasst werden müssen.
Synergieeffekte dank der Kombination mit Instandsetzungs- und Ausbauarbeiten
Jede Bahnstation der MGBahn muss auf die Erfüllung des BehiG überprüft werden. Bei der Planung und Umsetzung gilt es zu prüfen, inwiefern sich erforderliche Substanzerhalts- oder Ausbauarbeiten mit den notwendigen Massnahmen im Zuge des BehiG im Sinne eines effizientes Ressourceneinsatzes und der Nutzung von Synergien kombinieren lassen. Die jeweiligen Bahnhofsumbauten erfolgen in Absprache mit dem BAV, das zugleich Aufsichts- und Bewilligungsbehörde sowie Finanzierungsgeber ist. Massgebliches Kriterium ist dabei die Verhältnismässigkeit. Bei höher frequentierten Bahnhöfen sind andere Baumassnahmen angebracht als bei Stationen mit wenigen Ein- und Aussteigern pro Tag. Dennoch müssen bei allen Stationen die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
Vorgaben für den behindertengerechten Ausbau
Wichtigster Aspekt bei der behindertengerechten Gestaltung der Bahnhöfe ist die niveaugleiche Einstiegsmöglichkeit in die Fahrzeuge. Hierzu müssen die Perronkanten auf dieselbe Höhe wie die Eingangstüre der Fahrzeuge angehoben werden. Zudem sind die Zugänge zu den Perrons rollstuhlgängig zu erstellen. Dies bedingt zum Teil den Bau von Unter- oder Überführungen mit Rampen, die eine maximale Steigung von zwölf Prozent mit einer Überdachung, respektive 10 Prozent ohne Überdachung nicht überschreiten dürfen. Sind Rampen aus Platzgründen nicht möglich, können die Perrons auch mit einem Lift erschlossen werden. Ferner gilt für Personen mit Einschränkungen den Bezug eines Billetts am Automaten sicherzustellen und die Kommunikation für alle zu gewährleisten. Darüber hinaus müssen Sehbehinderte vom Bahnhofseingang bis zu den Fahrzeugen durchgehend mittels tastbarer Bodenleitsysteme mit Bodenindikatoren wie beispielsweise Rillen- und Noppenplatten geleitet werden.
Herausforderungen – langfristige Planung und Umsetzung bei laufendem Betrieb
Wie alle Infrastrukturprojekte benötigen die Bahnhofsumbauten eine intensive Planung bevor mit der Ausführung begonnen werden kann. Dabei dauert die Planungsphase üblicherweise länger als die Ausführungsphase. Sie setzt sich aus den Phasen Vorstudie, Vorprojekt, Auflageprojekt, Ausschreibung und Ausführungsprojekt zusammen. Erst nachdem die Ausführungsdokumente erstellt sind, können die Baumaschinen auffahren und mit der Realisierung begonnen werden. Bei einem Umbauprojekt ist üblicherweise mit rund drei Jahren Planung und ein bis zwei Jahren Ausführung zu rechnen.
Veränderungen an bestehenden Bahnanlagen benötigen grundsätzlich eine sogenannte Plangenehmigungsverfügung (PGVf) seitens des BAV als Bewilligungsbehörde. Aktuell stellt allein die Anzahl von Plangenehmigungsverfahren für die Umsetzung des BehiG die Beteiligten vor enorme Herausforderungen. Auch wenn sowohl die Transportunternehmen als Bauherren als auch das BAV bestrebt sind, die Bahnhofumbauten bis Ende 2023 termingerecht fertigzustellen, können Verzögerungen aufgrund der Vielzahl an Anträgen und erforderlichen Bewilligungen nicht ausgeschlossen werden, wodurch die Planungssicherheit nicht immer gegeben ist.
Eine weitere große Herausforderung ist der Umbau bei laufendem Bahnbetrieb. Ziel ist es, den Fahrplan möglichst wie veröffentlicht abzubilden. Da die Bauarbeiten oftmals im unmittelbaren Gleisumfeld oder auf und an den Gleisen selbst stattfinden, kann das nicht immer gewährleistet werden. Obwohl die Arbeiten zum grossen Teil in die Nacht verlegt werden, sind für einzelne Massnahmen Totalsperren der Strecke unabdingbar. Dies zum Beispiel beim Erstellen einer neuen Unterführung oder dem Ersatz des Gleisunter- und Oberbaus. Die Sperrungen werden bewusst im verkehrsärmeren Zeitraum von Mitte Oktober bis Anfang Dezember terminiert, in der unter anderem der Glacier Express pausiert.